Über das Institut für Wissenschafts- und Technikforschung
Breitere gesellschaftliche Entwicklungen, politische Weichenstellungen, aber auch alltägliche Entscheidungen beruhen heute mehr denn je auf wissenschaftlich-technischem Wissen. Innovationen und Entdeckungen werden mit größter öffentlicher Aufmerksamkeit verfolgt, auf ihr Anwendungspotential hin befragt, und oft gleichsam als Zeichen zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten betrachtet. Dieses Fortschrittsdenken wird allerdings auch von kritischen Stimmen begleitet, die unsere Aufmerksamkeit einerseits auf die Gestaltungsmacht dieses Wissens und seine potentiellen Risiken lenken, und die andererseits eine Reihe von Fragen zur Beziehung von Wissenschaft und Gesellschaft aufwerfen. Welches Wissen soll erzeugt werden und welche Strukturen sind hierfür zuträglich? Wie sollte dieses Wissen in Entscheidungszusammenhänge einfliessen? In welchen Bereichen sollen Möglichkeiten eröffnet, und wo auch Grenzen gesetzt werden? Und wer sollte bei solchen Weichenstellungen Stimme und Recht auf Mitgestaltung erhalten? Dies sind nur einige der wesentlichsten Fragen, mit denen wir konfrontiert sind.
Die Wissenschafts- und Technikforschung greift genau diese Fragestellungen auf. Sie hat sich als interdisziplinäres sozialwissenschaftliches Forschungsfeld das Ziel gesetzt, zum Verständnis der komplexen und vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft, Technik und Gesellschaft beizutragen. Dies bedeutet einerseits zu analysieren, wie soziale, ökonomische, politische und ideologische Kontexte wissenschaftliche Erkenntnisproduktion rahmen und beeinflussen. Andererseits geht es darum zu verstehen, wie wissenschaftlich-technische Entwicklungen unser Leben und Denken in dieser Gesellschaft gestalten. Wenngleich die Wissenschaftsforschung enge Verbindungen zu ganz unterschiedlichen Disziplinen, von der Soziologie, über die Kultur und Sozialanthropologie, Politikwissenschaft, bis hin zur Geschichte und Philosophie aufweist, so liegt ihre Stärke im Überschreiten disziplinärer Grenzen, in einer klaren Problemorientierung und in der Entwicklung eines eigenen kritisch-konstruktiven Blicks auf das Zusammenwirken von Technowissenschaft und Gesellschaft.
Institutionell gesehen ist das Feld der Wissenschafts- und Technikforschung seit 1987 an der Universität Wien verankert, zunächst als Institut für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung an der Fakultät für Grund- und Integrativwissenschaften. Erste Professorin der Abteilung Wissenschaftsforschung war Helga Nowotny. Innerhalb dieses Rahmens entstand unter der Leitung ihrer Nachfolgerin Ulrike Felt die Forschungsgruppe VIRUSSS: Vienna Interdisciplinary Research Unit for the Study of (Techno)Science and Society. VIRUSSS bildete den Kern des heutigen Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung, welches mit der Implementierung der Universitätsreform 2004 zu einer eigenständigen Forschungs- und Lehreinheit an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien wurde.
Ziel des Instituts ist es, basierend auf einem qualitativ hochwertigen Forschungsprogramm ein Ort zu sein, an dem kritisch-reflexive Diskussionen über Fragen von Wissenschaft, Technik und Gesellschaft gemeinsam mit Studierenden und WissenschaftlerInnen unterschiedlicher Disziplinen, aber auch mit VertreterInnen der Öffentlichkeit stattfinden. Die Forschung wird vor allem durch das Einwerben von Drittmitteln ermöglicht, wird in interdisziplinären Teams durchgeführt und stellt auf eine vergleichende Perspektive ab. Weiters stellen wir unsere Expertise und unser Know-how auch in praxisnahen Zusammenhängen an den Schnittstellen von Wissenschaft, Technik und Gesellschaft zur Verfügung.